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Lager-Weyer-Stolpersteine in Haigermoos
Gemeinde beschließt Verlegung auf öffentlichem Grund

Noch im Herbst 2010 sollen in Haigermoos die vom Verein Erinnerungsstätte Lager Weyer/Innviertel finanzierten Stolpersteine verlegt werden. Neben zwei allgemeinen Informationssteinen wurden sechs weitere gestaltet, die jeweils einem kleinen Kind gewidmet sind, das im Lager Weyer geboren und/oder gestorben ist. Keines der in Weyer geborenen Kinder durfte seinen ersten Geburtstag erleben. Sie wurden in Lodz bzw. Chelmno ermordet.
Haigermoos hatte während der NS-Zeit seine Eigenständigkeit verloren und wurde für einige Jahre zum Ortsteil von St. Pantaleon. Nach dem Krieg fühlten sich beide Gemeinden für die Erinnerung an die Lager nicht zuständig, die auf Haigermooser Boden standen, aber auf (Mit-)Betreiben der damals zuständigen Lokalpolitiker St. Pantaleons dort angesiedelt wurden. Daß sich Haigermoos nun nicht länger dem Gedenken entzieht, ist als großer Fortschritt zu werten.

Stolpersteinhochburg

Stolpersteinverlegung vor dem "Zigeunerhaus" in Hochburg-Ach

 

Wichtige Dokumente aufgetaucht (2005)

Ende August 2005 wurden dem Schriftsteller und Obmann des Vereins Erinnerungsstätte Lager Weyer/Innviertel Ludwig Laher über einen Mittelsmann jene Dokumente zu den beiden Reichsgaulagern St. Pantaleon/Weyer im Original (!) zugespielt, die sich trotz exakter und zeitraubender Recherchen in zahlreichen österreichischen Archiven bisher nicht finden ließen und als verschollen gelten mußten:

Vier Blätter führen über 60 Häftlinge des Arbeitserziehungslagers mit Daten wie Name, Geburtsdatum, Beruf, letztem Arbeitgeber, letzter Wohnadresse, in Einzelfällen mit Entlassungs- bzw. Sterbedatum auf, ein weiteres Dokument des Salzburger Standesamts bestätigt den Tod eines Häftlings im LKH Salzburg. Leider fehlen (noch) wesentliche Teile der Häftlingslisten.

Dreiunddreißig Blätter dokumentieren die Geschichte des Zigeuneranhaltelagers (fast) lückenlos. Jede Neueinweisung, die wenigen Entlassungen, Überstellungen in andere Lager, Todesfälle und Geburten etc. finden sich akribisch notiert. Die datierten Blätter listen mehr als 340 Namen und Geburtsdaten internierter, meist österreichischer Sinti und Roma auf, die fast alle anschließend über Lackenbach nach Lodz deportiert und dort bzw. in Chelmno ermordet wurden. Diese Listen sind unschätzbare Quellen, denn gerade der Holocaust an den Sinti und Roma ist nur in Teilen dokumentiert.

Schließlich enthält das übergebene Konvolut noch drei Blätter mit den Internierten des Kriegsgefangenenlagers Loidersdorf, Gemeinde St. Pantaleon (französische Internierte) sowie zahlreiche weitere Dokumente (Heimatschein, NSDAP, Reichsnährstand, Gestapo etc.). Auffällig ist, daß praktisch alle Häftlingslisten den Vermerk tragen: "An den Herrn Bürgermeister der Gemeinde in St. Pantaleon" bzw. "An das Bürgermeisteramt St. Pantaleon" "zur gefl. Kenntnisnahme übersandt". Mithin handelt es sich bei den anonym übergebenen Materialien um ehemalige Bestände der Gemeinde, die eindrucksvoll beweisen, daß dort alle Details bekannt waren, d.h. eine enge Zusammenarbeit zwischen den Lagerleitungen und den Gemeindeorganen bestand.

Bei begründetem Interesse ist es möglich, Kopien von einzelnen Dokumenten bzw. vom gesamten Konvolut unter der Adresse des Vereins anzufordern.

Lagereinweisung

Beispiel aus den Originaleinweisungsdokumenten in das Lager Weyer

 

10 Jahre Erinnerungsstätte Lager Weyer/Innviertel

Programm der Gedenkfeier am Samstag, 16. 10. 2010

Aula der Hauptschule St.Pantaleon


Nach den einzelnen Programmpunkten besteht jeweils kurz Gelegenheit zum Gespräch.

11 Uhr:
Maria Embacher/Ludwig Laher/Inge Widauer (Salzburg/St.Pantaleon): Zehn Jahre Verein Erinnerungsstätte – Ein Abriß der vielfältigen Aktivitäten

Veranstaltungen, Forschung, Publikationen, Zusammenarbeit mit vielen Institutionen und Einzelpersonen: Die Arbeit des Vereins Erinnerungsstätte Lager Weyer/Innviertel zieht breite Kreise.

11.45 Uhr:
Florian Freund (Wien): Oberösterreich und die ‚Zigeuner’

Der Zeithistoriker Univ. Doz. Dr. Florian Freund stellt sein eben erschienenes umfangreiches Buch vor, das auch neue Erkenntnisse zu Weyer beinhaltet.

12.30 Uhr:
Mittagspause. Buffet.

14 Uhr:
Peter Assmann (Linz): Eine oberösterreichbezogene Kulturgeschichte im Museum - mit Roma und Sinti

Dr. Peter Assmann, Direktor der Oberösterreichischen Landesmuseen, wird in die neue Dauerausstellung im Linzer Schloßmuseum auch die Minderheit der Roma und Sinti integrieren. Dr. Ludwig Laher wird diesen Bereich kuratieren.

14.30 Uhr:
Kulturkooperative Exo 200 (Weng): Die Rosenfels – Eine Familie aus Weng: Film

Die Häftlingslisten von Weyer führten in etlichen oö. Gemeinden zu Projekten, um der Opfer zu gedenken. Exo 200 realisierte eine Filmdokumentation, die den Sinti von Weng nachspürt.

15.30 Uhr Ende des Vortragsteiles

17 Uhr:
Gedenkfeier an der Erinnerungsstätte.

Grußadressen von Vertretern der Länder Oberösterreich und Salzburg, des Bürgermeisters von St. Pantaleon. Gedenkrede: Ao. Univ.-Prof. Dr. Ingrid Bauer (Inst. für Geschichte der Universität Salzburg): Erinnerungskulturen aus zeithistorischer Sicht.

Kranzniederlegung

Musikalische Umrahmung: Gruppe Auftakt, Ingrid und Alfred Aichinger.

 

Einladung

zur 9. jährlichen Gedenkfeier

für die Opfer der beiden NS-Lager Weyer

 

am Samstag, den 27. Juni 2009 um 15.00 Uhr

bei der Erinnerungsstätte der Gemeinde

an der Moosach in St. Pantaleon

Gedenkrede: Gunther Trübswasser, Landtagsabgeordneter

 

anschließend

Impulsreferat und Diskussion:

Ist der Stammtisch noch zu retten?

Der Stammtisch, seit Generationen ein bedeutsamer Ort von (gesellschafts-)politischer Diskussion und Meinungsbildung auf dem Land, steht im Mittelpunkt eines Impulsreferates des Sonderpädagogen und Erwachsenenbildners Hans-Peter Graß, Geschäftsführer des Friedensbüros Salzburg. Dieser zweite Veranstaltungsteil findet im Gemeindeamt St. Pantaleon statt und erörtert auch die Frage, wie durch die sogenannte Stammtischhoheit das Erinnern an zeitgeschichtliche Ereignisse geprägt wird.